Freitag, 4. Mai 2012

James Hansen im Tagi


Folgender Artikel wurde über James Hansen im Tagi veröffentlicht, wenige Tage vor seinem Vortrag an der ETH. Ich finde den Artikel sehr gut.


James Hansen Der smarte Wissenschaftler, der für die Umwelt ins Gefängnis geht , TA vom 27. April

Susanne Erismann, Winterthur
Elfenbeinturm-Mentalität.
Typisch und bezeichnend, dass die Kritiker von James Hansen sich fragen, ob der Topwissenschaftler mit seinem Aktivismus nicht allmählich seine Autorität als Klimaforscher aufs Spiel setzt. Es ist in der Tat ein ungeschriebenes Gesetz im Wissenschafts- und Forschungsbetrieb, aktives Engagement nach aussen um jeden Preis zu vermeiden. Sich freiwillig derart zu exponieren, «in Szene zu setzen» oder gar als Aktivist belächelt zu werden, käme beinahe einem Todesurteil gleich. Und so schweigen die eigentlichen Fachleute und Spezialisten, obwohl gerade sie es besser wüssten und deshalb eigentlich aufklären müssten. In einer solchermassen kultivierten Elfenbeinturm-Mentalität, wo sich die Spezialisten verwandter Bereiche noch zusätzlich voneinander abschotten (und sich gegenseitig wenig Lorbeeren gönnen) statt fachübergreifend zu kooperieren, verkommen Wissenschaft und Forschung zum reinen Selbstzweck. Der Ruf eines verhältnismässig kurzen, aber ehrgeizigen Menschenlebens wird so wichtiger genommen als die Zukunft ganzer Generationen. James Hansen hingegen hat verstanden, worum es geht: Forschung und Wissenschaft haben einen Auftrag und somit Verantwortung. Nur angewandt und aufklärend finden sie ihre Glaubwürdigkeit und ihre Berechtigung. Warum die Gesellschaft mutigen Einsatz, auch von einzelnen Wissenschaftlern, oft zu wenig schätzt? Wo Einsatz, da ist auch immer Leidenschaft und Herz, letztlich Menschlichkeit. Doch offenbar sollen diese Werte in der kopflastigen Wissenschaft (und Gesellschaft?) nichts mehr verloren haben. Doch wie Martin Luther King schon sagte: «wozu leben, wenn man nichts hat, wofür es sich zu sterben lohnt» oder auf James Hansen bezogen: ... wofür es sich ins Gefängnis zu gehen lohnt.

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