Freitag, 3. Dezember 2010

James Hansen persönlich

Aktuell
Es ist unglaublich! Letzte Woche noch habe ich angekündigt, dass ich aus dem Buch des bekannten Klimaforschers Hansen berichten will und diese Woche habe ich ihn persönlich kennengelernt. Und die ganze Story ist mindestens so abenteuerlich wie der beste Roman.

Vor ein paar Wochen habe ich eine Mail an Hansen in die USA geschrieben, mit der Frage, ob sein Buch auf Deutsch übersetzt wird. Darauf hin haben wir ein paar Mails ausgetauscht und es wurde klar, dass Hansen eine Reise nach Italien plant, um dort Vorträge zu halten. Mein Bekannter Peter Vogelsanger, der sehr aktiv gegen Kohlestrom kämpft, wollte James gerne überzeugen einen Abstecher in die Schweiz zu machen, um an einem Anlass über Klimawandel und die Gefahren von Kohlestrom zu reden. Wir konnten bei der kurzfristigen Planung selber nicht glauben, dass James Hansen in seinem vollen Terminkalender tatsächlich einen freien Tag fand.

Als James von der durch die Schweizer Firma Repower geplanten Finanzierung von zwei neuen Kohlekraftwerken hörte, sagte er also spontan zu. Soweit so gut, aber diese Zusage kam am Sonntag Abend und der Vortrag sollte am Dienstag stattfinden. Das bedeutete zwei Tage für die Vorbereitung. Peter hatte die ehrgeizige Idee, den Vortrag in Pontresina durchzuführen, um die lokale Bevölkerung zu sensibilisieren. Ausgerechnet in diesem kleinen Bergdorf ganz im Südosten der Schweiz soll nämlich am kommenden Montag abgestimmt werden, ob die Firma Repower ein grosses Pumpspeicherkraftwerk bauen darf. Wir wollten zeigen, dass man keine Firma Kraftwerke bauen lassen darf, die in Kohle investieren. Unserer Meinung nach wird Repower den Stausee unter anderem dazu benutzen dreckigen überschüssigen Kohlestrom zu speichern und diesen dann zu Spitzenzeiten wieder teuer als sauberen Wasserstrom zu verkaufen.

Die Organisation lief eigentlich sehr gut. Ein Raum war gefunden, Medienmitteilungen und unzählige Emails wurden verschickt. Ausserdem meldete sich spontan eine Übersetzerin. Aber dann ging es los: Peter wurde am Montag abend verwehrt an der Gemeindeversammlung von Pontresina den Anlass vorzustellen. Darauf hin war er die halbe Nacht unterwegs und hat im Ort 600 Flyer in Briefkästen verteilt. Wir wussten nicht, welchen Zug James in Mailand erwischen würde und hatten auch keine Telefonnummer von ihm. Glücklicherweise mailte mir dann seine Sekretärin seine Handynummer, kurz bevor ich auch aufbrechen musste und ich konnte James erreichen. Erst da konnten wir glauben, dass er wirklich kommt. Sein Zug war ausgefallen, er musste auf den nächsten warten und würde dann erst eine Viertelstunde vor dem Vortrag eintreffen. Peter fuhr ihm mit einem anderen Zug entgegen und musste nun auch benachrichtigt werden. Noch dazu schneite es in der ganzen Schweiz sehr heftig. Spontane Besucher von weiter weg waren eher nicht zu erwarten, denn eine Rückfahrt am gleichen Tag war praktisch ausgeschlossen.

Auch unser Zug aus Zürich hatte Verspätung. Als wir um viertel vor acht im Hotel ankamen, war noch keine einzige Person da, die den Vortrag hören wollte. Schliesslich kamen dann doch noch einige wenige lokale Personen und ein Journalist der Aufnahmen und ein Interview machte. Aber wir waren natürlich sehr enttäuscht. James liess sich aber gar nichts anmerken und hielt seinen Vortrag, als ob nichts wäre. Nach dem Vortrag um 22:30 mussten wir dann James noch 3 h mit dem Auto über verschneite Pässe und im starken Schneefall Richtung Italien fahren, wo er am nächsten Morgen seinen nächsten Termin hatte.

Sehr beeindruckt von diesem grossartigen Wissenschaftler und engagierten Menschen fuhr ich am nächsten Tag nach Zürich zurück. James kennt sich nicht nur sehr gut in seinem Forschungsgebiet und den politischen und gesellschaftlichen Zusammenhängen aus, sondern ist unermüdlich für den Klimaschutz auf Achse. Trotz seiner 69 Jahre denkt er auch gar nicht ans Aufhören, sondern will solange weiter machen, wie er kann. Sein Hauptantrieb sind die Kinder. Seit der Geburt seiner Enkel spürt er seine persönliche Verantwortung sehr stark, weil er einer der Menschen ist, die sehr gut über die Gefahren des Klimawandels Bescheid wissen. In den Stunden, die wir mit James verbrachten, beantwortete er geduldig all unsere Fragen. Ich habe also viel gelernt.

Ausblick
Ich werde im nächsten Blog dann noch einiges von seinen Forschungsergebnissen berichten.
Bin noch ganz erschlagen von den Ereignissen der Woche. Das kommt auf jeden Fall in meine Memoiren, falls ich welche schreibe.

Liebe Grüsse
Christina

2 Kommentare:

  1. Hallo Christina und andere!

    Ich bin immer sehr beeindruckt von Leuten die sie so engagieren wie Du und die anderen von denen Du schreibst. Dass ist sehr wichtig und gut.

    Ich möchte allerdings, bezüglich Deines letzten Mails, darauf aufmerksam machen, dass Pumpspeicherkraftwerke (PSW) zukünftig ein wichtiger Teil einer eventuellen Lösung des Energie- (Klima?) Problems sein werden. Für die, die es nicht wissen: Pumpspeicherkraftwerke benutzen überschüssige Energie um Wasser in hochgelegene Speicher zu pumpen. Wenn es dann wieder Unterschuss an Energie gibt werden die Turbinen im Kraftwerk eben nicht als Pumpe sondern als Turbine genutzt um Strom zu erzeugen. Es gibt natürlich etwas Energieverlust, aber den muss man akzeptieren. (mehr Info hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Pumpspeicherkraftwerk#Deutschland)

    Bisher ging es bei den PSW hauptsächlich darum den Energiespitzenverbrauch zu decken (zB. Wenn morgens „alle“ warmes Wasser zum Duschen brauchen oder Nachmittags, wenn „alle“ von der Arbeit kommen, die Heizung hochdrehen, den Herd anmachen und vielleicht auch noch die Waschmaschine ;-). Es wird jetzt allerdings immer mehr erneuerbare Energie erzeugt. Diese Energieerzeugung lässt sich allerdings meistens nicht regulieren, typischerweise Wind- und Sonnenenergie. Bisher lässt sich diese so erzeugte Energie leider nicht lagern das heißt, man kann eben nur dann Energie erzeugen wenn zum Beispiel der Wind weht und wenn er nicht weht gibt es eben keinen Strom. Und genau hier kommen die PSW ins Spiel, die werden nämlich in Zukunft wahrscheinlich einige wichtige Rolle spielen um die Kraftsituation zu balancieren. Diese Werke werden oft als Batterie des Energienetzes bezeichnet. Es gibt allerdings im Moment nicht annähernd genug solcher PSW um den entstehende Bedarf zu decken. Deutschland und andere Europäische Länder erhoffen sich das Norwegen (mit den vielen Wasserkraftwerken) als „Batterie Europas“ dienen kann. Hier gibt es allerdings auch nicht so viele PSW, sondern hauptsächlich traditionelle Wasserkraftwerke die Strom erzeugen. Es ist allerdings hier im Gespräch den Anteil zu erhöhen. Dies ist natürlich besonders günstig wenn man dazu Werke benutzen kann die schon einen Stausee haben (am besten einen unten und einen oben).

    Man kann natürlich damit argumentieren, dass die Kohlekraftwerke auch die PSWs benutzen. Kohlekraftwerke lassen sich ja nicht schnell regulieren und sind daher eher geeignet die Grundlast zu decken. Aber wie gesagt solange es noch keine geeignete Speicherformen für die erneuerbare Energie gibt sind die PSWs ein wichtiger Baustein der geplanten Nutzung erneuerbarer Energiequellen. Also daher ist es etwas zweifelhaft ob man versuchen sollte PWS zu verhindern mit der Begründung dass diese eventuell auch von Kohlenkraftwerken genutzt werden... Es kann natürlich auch andere Umweltbedingte Grunde geben die gegen einzelne PSW spreche, aber dass ist noch eine andere Sache.

    Wolf Marchand

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  2. Hi Wolf

    Danke für deine ausführliche Mail. Du hast natürlich recht. PSW sind an sich gut und dienen sicher der Versorgung mit erneuerbaren Energien. Das PSW hier wird vermutlich auch gebaut. Es ging mehr darum, der Firma Repower zu zeigen, dass Ihre Bauvorhaben auch in anderen Zusammenhängen scheitern können, wenn sie an der Kohle festhalten. Man könnte den Bau natürlich auch an Auflagen knüpfen, so z.B. dass es nur mit erneuerbaren gefüllt werden darf.

    Gruss
    Christina

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