Freitag, 17. Juni 2011

Hermann Scheer

Aktuell
Im Gegensatz zum Klimawandel sind Berichte zur Stromerzeugung derzeit sehr hipp und tauchen in den verschiedensten Formen in den Medien auf. Von der Speicherung über Elektrofahrzeuge bis zu allem möglichen Warnungen vor Problemen mit Erneuerbaren und unserem armen Stromnetz, das demnächst unter der Last zusammenbricht, ist da zu lesen.
Selten sind diese Artikel direkt verknüpft mit der dringenden Aufforderung, dass der Weg zu alternativen Energieformen eine klare Notwendigkeit ist, die schnell und kompromisslos angegangen werden muss. Selten mit den wissenschaftlichen Tatsachen, dass der CO2 Ausstoss massiv heruntergefahren werden muss, wenn wir die Klimakatastrophe vermeiden wollen. Im Gegenteil! Anstatt der Bevölkerung Mut zu machen auf dem Weg, werden die skurrilsten Argumente und Artikel ausgegraben und gross herausgebracht, z.B. “Ist Windkraft so schädlich wie Kohlekraft” in der NZZ. Überhaupt die NZZ. Die neue Serie: Energie der Zukunft kommt mit einem Logo daher, dass wie eine Warnung vor Blitzeinschlag aussieht : Ahhr Achtung Erneuerbare !! Die Artikel werden von einem Journalisten verfasst, der klar kein Freund von Veränderungen ist. In jedem Artikel werden die Gefahren, Probleme und Kosten stark betont. Die Artikel wirken wie subtile Panikmache der etablierten Energiefirmen und erinnern an das Vorgehen der Tabakindustrie, als klar wurde, dass Rauchen in der Tat zu Lungenkrebs führt.

Meine Maildiskussion mit dem NZZ Autor:
http://christina-fuer-nachhaltigkeit.blogspot.com/2011/06/diskussion-mit-nzz-autor-hirstein.html
Olivers Leserbrief an die NZZ:
http://christina-fuer-nachhaltigkeit.blogspot.com/2011/06/leserbrief-von-oliver-marchand-die-nzz.html



Hermann Scheer - ein Visionär
Das Buch von Hermann Scheer, der leider letztes Jahr gestorben ist, sollte Pflichtlektüre aller Entscheidungsträger und auch in der Schule werden. Er beschreibt die Mechanismen der Energiewirtschaft und Politik so kompakt und klar, dass man auf fast jeder Seite einen aha-Effekt erlebt. Hermann Scheer war deutscher Politiker und massgeblich dafür verantwortlich, dass das Energieeinspeisegesetz geschaffen wurde. Er kämpfte schon seit Ende der 80er Jahre für die Ablösung von atomaren und fossilen durch erneuerbare Energie ! Leider ist er dann sehr plötzlich verstorben, bevor er sein letztes Buch der Öffentlichkeit übergeben konnte. Bitte lest dieses Buch! Es ist kompakt, gut verständlich geschrieben und von einer der beeindruckensten Personen der deutschen Politik der letzten Jahrzehnte. Anders als die meisten seiner Weggenossen, ging Scheer immer seinen Weg und vertrat verlässlich die gleiche Meinung.

Das Buch: Der energetische Imperativ
Es ist technisch und finanziell möglich in relativ kurzer Zeit völlig auf Erneuerbare umzusteigen. Dabei sind kleine lokale, dezentrale Lösungen immer den grossen, zentralen vorzuziehen. So war Scheer kein Freund von Desertec (Strom aus der Wüste). Denn nur die regionalen Lösungen können auch in Bürgerhand sein und von uns kontrolliert werden. Jede grosse zentrale Lösung bietet wieder Hand für Betrug, Machtmissbrauch usw..

Nach dem Umstieg werden wir nur Vorteile haben. Aber dabei gibt es auch Verlierer, nämlich die jetzigen Profiteure von Atomkraft und fossilen Energien, die sehr mächtig sind. Mit dem Umstieg verlieren sie alle Investitionen und ihren Einfluss und deshalb müssen sie die neuen Energien bekämpfen. Früher wurde Scheer als Fantast verlacht und seine Ziele als unmöglich hingestellt. Nun, wo seine Voraussagen eingetroffen ist und immer klarer wird, dass es möglich ist umzusteigen, versuchen sie es mit Verzögerungstaktik und Panikmache.  Es wird von notwendigen Brücken geredet und dabei Kraftwerke durchgedrückt, die ihre Macht wieder für weitere Jahrzehnte zementiert. Es ist wichtig, dass wir das durchschauen, wenn wir unbedarft die Zeitung aufschlagen oder Berichte schauen. Die Propagandamittel der etablierten Kräfte sind sehr gross und damit lässt sich einiges machen. Ich weiss, das klingt wie Verschwörungstheorie, aber leider muss man immer mit dem schlimmsten rechnen, wenn es um viel Geld geht.

Ein Beispiel: Energieunternehmen werfen schon seit Jahren den Erneuerbaren vor, dass sie nur wegen Subventionen weiterkommen und sonst unrentabel wären, und das dass die Marktwirtschaft verzerrt. Verschwiegen wird dabei dass diese Verzerrung schon seit Jahrzehnten zugunsten der fossilen und Atomenergie stattfindet. Der Abbau, die Haftungsgarantie, die Endlagerung, der Bau … alles massiv durch den Steuerzahler gefördert oder komplett bezahlt, geschweigen denn von den gesundheitlichen Folgekosten, von z.B. Kohlekraftwerken.

Hermann Scheer zeigt auch konkrete Lösungswege und genaue Analysen auf. Er bietet Einblick in die Beweggründe der Politik und der etablierten Energieunternehmen. Es ist wirklich erhellend.

Ein Nachruf:  http://www.zeit.de/politik/deutschland/2010-10/Hermann-Scheer-Nachruf
http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Scheer
Das Buch: http://www.eurosolar.de/de/index.php?option=com_content&task=view&id=1342&Itemid=19

Lichtblick: Strom ohne Atom: Wie wir den Ausstieg schaffen
In der ARD ist ein guter Film erschienen, der in nur 43 Minuten einen sehr guten, spannenden Überblick gibt und sehr motivierend ist. Der Film kann online geschaut werden.

http://www.youtube.com/watch?v=qOCrvLHwgJw

Zitat Tanya Schmid (Präsidentin von Zukunft statt Kohle) zum Film: “Am meisten hat mich der Schluss dieses Films beeindruckt...mit den Zahlen wie viel die Deutschen Bürger mit STEUERGELD die Atomkraft unterstützen...zum Beispiel, die Atomlobby verdient Milliarden, aber der normale Bürger bezahlt den wahnsinnig teuren ABBAU von alten Atomkraftwerke...völlig wahnsinnig!” 
http://www.zukunftstattkohle.ch/

Liebe Grüsse
Christina

Diskussion mit NZZ Autor Hirstein

1. Mail an Hirstein von Christina Marchand

Sehr geehrter Herr Hirstein

Mit Interesse verfolgen mein Mann und ich ihre Artikel in der NZZ am Sonntag. Als wir das erste Mal gesehen haben, dass es eine Reihe zum Thema "Energie für die Zukunft" gibt, waren wir hoch erfreut. Als wir dann aber gesehen haben, wie es umgesetzt wird, konnte wir es kaum glauben.
 Ich weiss nicht genau, ob sie zu dem Klimaleugnern (Skeptiker wäre ein zu grosses Kompliment) gehören, aber ihre Artikel klingen ganz danach. Sehr subtil machen sie alle Formen von erneuerbaren Energien schlecht, schüren Ängste, betonen die Mängel, vergleichen Äpfel mit Birnen, und nun im letzten Artikel (der allerdings nicht zur Serie gehört) über die Windenergie bemühen sie sogar einen sehr fragwürdigen Artikel aus dem New Scientist und hängen ihren Artikel gross daran auf. Das ist kein neutraler Journalismus mehr, das ist Populismus und stinkt stark nach einer gezielten Diffamierung der Erneuerbaren Energien, mit dem Ziel der Verunsicherung und der Angstmache. Zu einer Zeit, in der sich 99% der seriösen Wissenschaftler einig sind, dass wir dringend Massnahmen gegen den Klimawandel ergreifen müssen, schreiben sie Artikel, als wäre das ein "Nice to Have" Thema, wo wir erst mal warten können, bis alles stimmt und nichts mehr schief gehen kann. Das mit der jetzigen Technologie alles schief geht und zwar mit 95%iger Sicherheit, das erwähnen sie aber nicht.

Leider ist der Normalleser meist nicht in der Lage ihren subitlen Ton zu durchschauen. Wenn man aber Experte ist und sich wie mein Mann und ich seit Jahren  mit Wetter und Energie beschäftigt, dann streuben sich einem die Nackenhaare beim Lesen. Ihre Serie ist mit ein Grund, warum wir die NZZ am Sonntag nun auch noch abbestellen.

Offenbar sind sich die Medien ihrer Verantwortung noch nicht gewahr, die sie beim Bekämpfen des Klimawandels haben. Oder es ist zu vermuten, dass es starke Kräfte gibt, die die Medien nun dazu nutzen den nötigen Wandel gar zu verlangsamen.

Antwort von Hirstein

Sehr geehrte Frau Marchand,
danke für Ihr Feedback. Ich möchte Ihnen dazu kurz antworten.
Der Artikel vom vergangenen Sonntag behandelt eine Frage, die in der Wissenschaft seit längerem diskutiert wird: wie beeinflussen Windkraftanlagen das Klima? Das ist eine legitime Frage, denn es handelt sich hierbei nicht mehr um kleine Windräder im Vorgarten von Einfamilienhäusern, sondern um Grosskraftwerke. Dazu gab es nun eine provokante und umstrittene Studie, und ich kann nichts Schlechtes daran finden, diese aufzugreifen. Im Unterschied zum New Scientist habe ich die Gegner der Studie ausführlich zu Wort kommen lassen (unter anderem mit der Aussage "Das ist schlechte Wissenschaft")
Ihre übrige Kritik an der Serie ist sehr pauschal. Ich kann deswegen nicht konkret darauf eingehen. Grundsätzlich bin ich aber tatsächlich der Meinung, dass es wichtig ist, kritisch aber fair über erneuerbare Energien zu berichten. Und dazu gehört zum Beispiel die Einsicht, dass es keine billige, CO2-freie, unbegrenzte und risikofreie Energie gibt. Diese Legende wird zwar gerne und oft verbreitet, aber sie stimmt trotzdem nicht. Schauen Sie sich die vielgelobte Energiepolitik in Deutschland an: wie entwickeln sich dort die Strompreise und wie viele neue Kohlekraftwerke werden dort gebaut? (Der Glaube, man könne alle AKWs in kurzer Zeit durch erneuerbare Energie ersetzen, ist in der Realität schon längst widerlegt - trotz dreistelligen (!) Milliardenbeträgen, die deutsche Stromkunden dank dem EE-Gesetz zahlen (werden))
Man kann den Ausstieg aus der Kernenergie trotzdem befürworten - kein Problem - aber man muss dann auch darüber berichten dürfen, was es kostet (in Franken oder an Einschränkungen im täglichen Leben) und welches die Umweltkosten sind und welche technischen Heruasforderungen zu lösen sind (Netzausbau, Produktionskapazitäten für Solarzellen, fossile Reservekraftwerke etc.) Ich glaube, die Energieversorgung ist kein Wunschkonzert, sondern ein sehr teures und träges System, das man nicht von heute auf morgen verändern kann - nicht weil böse Mächte es so wollen, sondern weil es gewissen physikalischen Randbedingungen unterliegt. 
Mit besten Grüssen
Andreas Hirstein
 
 2. Mail an Hirstein von Christina Marchan

Sehr geehrter Herr Hirstein

Danke für Ihre schnelle Antwort. Leider befriedigt mich diese nicht. In der Geschichte der Menschheit hat es schon oft Fälle gegeben in denen die Presse, Industrie und andere Kräfte betont haben, wie wichtig es ist immer beide Seiten zu beleuchten und eine ausgeglichene Berichterstattung zu bringen. Das war vor allem bei der Tabakindustrie, aber auch bei Diskussionen um den sauren Regen und z.B. das Ozonloch der Fall. Gott sei dank, konnte sich in diesen Fällen die Wissenschaft und die Öffentlichkeit aus den Fängen von kriminellen Beeinflussern befreien und wichtige Entscheidungen treffen. Es hat aber viel länger gedauert, als nötig. Beim Klimawandel und den erneuerbaren Energien wiederholt sich hier die Geschichte. Es gibt keine zwei Seiten vom Klimawandel. Die Fakten sind klar und es ist falsch verstandener Journalismus hier noch den Leugnern eine Plattform bieten zu wollen. Wir haben nur nicht mehr 20-30 Jahre um zu warten, das alle Auswirkungen und Konsequenzen des Klimawandels bewiesen ist. Wir Länder mit hohen Einkommen und grossem Potential an Erneuerbaren müssen voran gehen und zeigen, dass wir eine Umstellung schaffen. Und das klappt nur, wenn die Medien diesen Weg unterstützen und der Öffentlichkeit Mut machen. 

Wenn die NZZ die wissenschaftliche Meinung ausgewogen wiedergeben wollte, dann müsste also auf 99 Artikeln über den Klimawandel und den drohenden Konsequenzen ein Artikel über potentielle Fehler in der Wissenschaft kommen. Dieses Verhältnis sehe ich aber nicht. Auch hier bei der Windenergie wird nun ein Artikel herausgegriffen und gross aufgezogen. Den Titel und die wilden Behauptungen werden zwar im Text mit einer Gegenmeinung versehen. Aber der ganze Artikel verzerrt offensichtlich die Sicht und die Gewichte der Studien.

Warum bringen sie nicht einfach erst mal Studien, wie unglaublich effizient Windenergie ist? Warum nicht auf der Titelseite eine Warnung über den Ernst des Klimawandels . Erst vor kurzen haben 20 Nobelpreisträger und andere Wissenschaftler die Welt auf die Gefahren hingewiesen. In der NZZ wurde das knapp erwähnt.

Ich bin sicher, dass es eine grosse technische und gesellschaftliche Herausforderung ist, die Energieversorgung umzustellen. Aber es gibt genug Studien, die den genauen Weg dahin aufzeigen. Warum bringen sie diese nicht? Die Mehrkosten für Sonnen oder Windstrom liegen bei ca. 100 CHF pro Person und Jahr in der Schweiz. Da kann man wohl schwerlich von riesigen Kosten und Einschränkungen im täglichen Leben sprechen. 

Ihre Artikel hinterlassen den Eindruck, dass sie diesen Weg gar nicht gehen wollen. Mit solch einer Einstellung kann man natürlich keine ermutigenden Artikel über den Energiewechsel machen. Ich würde mir wünsche, dass die NZZ den Mut hat, diese Artikel von Menschen schreiben zu lassen, die einen positiven Weg aufzeichnen können. Wenn sie so besorgt sind über die vielen Kohlekraftwerke in Deutschland, dann könnten sie ja mal eine Studie zu den Gefahren der Kohlekraft und den Schweizer Firmen machen, die immer noch dort investieren. Ich habe da eine vortreffliche Quelle.

Danke und mit Gruss
Christina Marchand



Leserbrief von Oliver Marchand an die NZZ und Hirstein


Sehr geehrte NZZ am Sonntag,
Sehr geehrter Herr Hirstein,

dies ist mein zweiter Leserbrief zum Thema "erneuerbare Energien" mit
Artikeln von Herrn Andreas Hirstein. Bei mir entsteht der Eindruck,
dass Herr Hirstein einen Feldzug gegen die aktuelle Entwicklung hin zu
den Erneuerbaren führt und die NZZ ihn dabei bestens unterstützt,
anstatt ihre Verantwortung für die Entwicklung der Energieversorgung
in den kommenden Jahren sinnvoll gerecht zu werden.

An einer kritischen Beleuchtung der Windkraft ist ja grundsätzlich
nichts auszusetzen, aber den haarsträubenden Thesen und zahlreichen
rhetorischen Fragen in dem Artikel "Starker Gegenwind" möchte ich hier
gerne widersprechen:

1. Erneuerbare Energien sind nicht unendlich, Windenergie könnte an
ihre Grenzen stossen, Weniger als 1 Promille der Sonnenenergie kann
als Windenergie Verwendung finden

Diese Thesen spielen alle überhaupt gar keine Rolle. Der allgemeine
Konsens ist, dass ein Mix aus erneuerbaren Energien und Energie sparen
der vernünftige Weg in die Zukunft ist. Kein vernünftiger Mensch
behauptet, dass man mit erneuerbaren Energien unendlich Energie
verbrauchen kann. Welchem Anteil der Sonnenenergie das entspricht ist
aus physikalisch theoretischer Sicht vielleicht interessant. Da wir
aber selbst von dem konservativen Limit von 68 TW weit entfernt sind,
ist diese Betrachtung der sogar eine Grafik gewidmet wird absolut
irrelevant.

2. Der "New Scientist" hat das Ende der Windenergie ausgerufen

Diese Aussage ist schlicht falsch. Die Zeitschrift hat lediglich einen
Artikel über die Forschung von Axel Kleidon veröffentlicht in dem eben
auf die Beschränkung und möglichen Gefahren der grünen Energiequellen
hingewiesen wird. Im übrigen hat die Redaktion des "New Scientist"
schon am 6. April 2011, also lange vor Erscheinung des NZZ Artikels,
den Original-Titel von "Die Windenergie ist nicht erneuerbar" zu
"Wind- und Wellen-Parks könnten die Energiebalance der Erde
beeinflussen" geändert. Die Redaktion vom "New Scientist" bemerkt auch
 dass es Kontroversen zu Kleidons Forschung gibt - die sie im Artikel
nicht beachtet hatten. Das erwähnt Herr Hirstein allerdings mit keinem
Wort.

3. Kritische Stimmen sucht man in dem Artikel vergeblich

Ja, in dem Artikel gibt es keine Kritik an der Arbeit Kleidons,
ansonsten ist das Internet aber voll damit. Man muss nur z.B. die
Reviews der angesprochenen Journal Artikel anschauen. Häufigsten
Kritikpunkte: vorherige Forschungsarbeiten ignoriert, Modellierung von
Windparks durch beliebiges Erhöhen der Geländerauhigkeit falsch,
Modelle nicht validiert und Auflösung zu niedrig.

4. So klimaschädlich wie Kohle? (Bildunterschrift)


Eine solche rethorische Frage kann man doch so nicht stehen lassen.
Windkraft gilt allgemein als die Energiegewinnung mit dem höchsten
EROEI (Energy-return-on.energy-
investment) Faktor. Kohlekraftwerke
hingegen hinterlassen unbewohnbare Kraterlandschaften, stossen
Unmengen CO2 aus und produzieren toxischen Müll. Ich frag' mich
wirklich, was soll die Frage?

Wenn doch die wissenschaftliche Arbeit von Kleidon so offensichtlich
hinkt, warum liefert Herr Hirstein ihm denn eine weitere Platform und
dehnt die mögliche Interpretation der Ergebnisse dieser Arbeiten
derart absurd weit aus? Oder warum fragt er denn nicht mal bei ein
paar Schweizer Klima-Professoren nach was sie von Kleidons Arbeit
halten? Wieso überhaupt stützt man sich bei so einem Artikel auf eine
einzige Studie eines umstrittenen Wissenschaftler, anstatt einfach zu
schauen wie es in der Praxis funktioniert? Ich vermute, weil es ihm
diese super Story: "Windkraft so schlecht wie Kohle" vermiesen würde.

Mit freundlichem Gruss,
Oliver Marchand

Freitag, 10. Juni 2011

Warum handeln wir nicht?

Aktuell
Ich wiederhole mich nicht gerne, aber ich muss weiter übers Wetter berichten. Wenn man die Schlagzeilen der letzten 2 Jahre in Bezug auf Extremwetterereignisse anschaut, dann kann es einem schon kalt den Rücken runterlaufen. Und das Wetter verändert sich ganz klar.  Im Moment sind wieder mal China und die USA im Brennpunkt. In China gibt es gleichzeitig schlimme Dürren und Überschwemmungen und in den USA die grössten Waldbrände seit langem.

http://www.handelsblatt.com/video/video-news/panorama/ueberschwemmungen-und-duerre-china-leidet-unter-wetterkapriolen/4268470.html

Auch in der Schweiz
Die betroffenen Menschen haben wenig Gelegenheit sich mit dem WARUM zu beschäftigen. Sie sind mit dem WIE rette ich mich und meine Dinge beschäftigt. Und alle anderen wollen sich möglichst nicht mit dem WARUM beschäftigen und hoffen, dass es weiterhin die Anderen trifft.
In der Schweiz klappt das ja meist ganz gut. Aber dieses Jahr hat es doch auch die Schweiz getroffen. Die Trockenheit war aussergewöhnlich und die durch die Dürre ausgelöste Situation hat sich noch nicht ganz entspannt. Offenbar wird das Heu in der Westschweiz knapp und es müssen Tiere geschlachtet werden, da nicht genug gefüttert werden kann. Andernorts wird das Gras in Parks und Gärten abgemäht und einfach auf den Kompost geworfen.

http://www.blick.ch/news/schweiz/westschweiz/westschweizer-kuehe-werden-notgeschlachtet-174058

Kleiner Exkurs: Milchwirtschaft
Man kann natürlich einfach mehr Kraftfutter einführen. Mittlerweile wird in der Schweiz fast ein Viertel des eingeführten Sojas an Kühe verfüttert. Dabei wären Kühe eigentlich ideal dazu geeignet Schweizer Wiesen abzugrasen und somit Urwald-verträglich Milch zu produzieren. Das würde auch den Schweizer Bauern mehr bringen. Denn sie könnten diese Milch als wirklich echte Schweizer Milch teurer vermarkten. Immerhin 82% sagen, dass sie Schweizer Produkte durch Mehrzahlungen unterstützen würden. Biomilchkühe werden immerhin zu 90% mit Rauhfutter gefüttert.

http://www.aargauerzeitung.ch/solothurn/schlaue-bauern-wenn-kuehe-gras-statt-soja-fressen-gibts-mehr-milchgeld-104994710

http://www.bernerzeitung.ch/wissen/natur/Die-moderne-Hochleistungskuh/story/13135703

Weidegras statt Kraftfutter: http://www.woz.ch/artikel/2011/nr08/thema/20413.html

Warum handeln wir nicht ?
Offensichtlich gibt es ja viele Signale des Klimawandels. Es gab auch schon Tote. Viele sogar. Viel mehr als bisher durch Atomkatastrophen gestorben sind. Denkt nur an die Überschwemmung in Parkistan und Australien usw.. Trotzdem haben keine Menschenmassen das sofortige Ende der CO2 Erzeugung gefordert. Warum? Weil das nicht so einfach ist. Es ist nicht so einfach und eben auch nicht anschaulich die Nichterzeugung von CO2, Methan und Lachgas zu fordern. Man kann nicht einfach ein paar böse Kernkraftwerke abstellen. Klar, man kann Kohlekraft abstellen. Aber die sind ja nur ein Teil des Problems. Um den Ausstoss der Klimagase im nötigen Mass zu reduzieren muss man an verschiedenen Stellen ansetzen: Wohnen, Mobilität, Ernährung, Konsum - alles heilige Kühe die da geschlachtet werden sollen.

Im spannenden Buch von John Cook “Climate Change Denial” = “Klimaleugner” wird versucht dem Phänomen auf den Grund zu gehen. Die These lautet: Sogar, wenn Menschen alle Informationen vorliegen und sie eigentlich klar die Wahrheit erkennen müssten, “glauben” sie nicht an den Klimawandel, weil sie Angst vor der Veränderung ihres Lebens haben. Angst, dass Veränderung zu Einschränkungen des Wohlstandes und der Freiheit führen würden. Angst sich zu exponieren. Angst anders zu sein als die Anderen, ja vielleicht die Dummen, die als Einzige reagieren. Sie verdrängen lieber und leugnen die Tatsachen. Denn der Mensch ist ein Gruppenwesen. Sogar wenn klar erkennbar eine Lösung richtig ist, lassen sich Probanden einer Studie von einer Mehrheitsmeinung beeinflussen und wählen die falsche Lösung.

Über das Buch:  http://www.theecologist.org/reviews/books/885054/climate_change_denial.html

Lichtblick
Trotz Verdrängung und Gruppenzwang gibt es viele Menschen, die sich stark engagieren um die Klimakatastrophe aufzuhalten. Auf der ganzen Welt tun sich Menschen zusammen, gründen Vereine, erstellen Webseiten, sind aktiv. Sie verbringen ihre Zeit mit Planung, Sitzungen, Demonstrationen, Workshops, Forschung um endlich den nötigen Richtungswechsel einzuleiten. So sind wir z.B. bei den Freiwilligen von Greenpeace eine stetig anwachsende Gruppe. Physiotherapeutinnen, Studenten, Informatiker, Ingenieure, Selbstständige, Handwerker, Schüler usw. machen mit. Das ist toll und macht Spass! Denn je mehr wir werden, desto grösser wird der Gruppendruck von der anderen Seite. Und so zählt dann doch wieder jeder, der nicht verdrängt  und der Angst konstruktiv begegnet.